Legende

Legende über den Apostel Jakobus und sein Grab

Der Apostel Jakobus der Ältere lebte ungefähr in den Jahren um 8 bis 44.


Jakobus wird unter den ersten Jüngern Jesu erwähnt. Er starb den Märtyrertod als erster der Apostel, angeblich im Jahre 44. Sein Name verbreitete sich europaweit und insbesondere in England wurde er auch zum Namen der männlichen Nachkommen bei englischen Herrscherdynastien. Sein Namenstag ist der 25. Juli. Auf unserem Kontinent sind ihm über 2.000 Kirchen geweiht, davon mehr als 100 in Böhmen und Mähren. Sein Name ist bis heute als Vorname bei uns beliebt. Er geht auf den hebräischen Namen Jahagóbh zurück und wird am häufigsten als „der Fersenhalter“ – im Alten Testament „nachgeborener Zwillingsbruder“ erklärt.


Jakob gehörte zu den engsten Mitarbeitern Jesu Christi – er war einer der drei, die die Verwandlung des Herrn sahen, einer der drei Zeugen der Auferweckung der Tochter des Jairus, einer der drei, die mit Jesus im Garten Getsemani gewacht haben sollten, er war ausdrücklich unter denen genannt, die den Heiligen Geist erwarteten und zu Pfingsten erhielten. Zum Unterschied von Paulus hinterließ er nur wenige Schriften.


Und gerade in der Herabsendung des Heiligen Geistes fanden einige Legenden ihren Ursprung – angeblich befolgte er wortwörtlich das Gebot Christi, in alle Welt hinauszugehen, um das Evangelium zu lehren, und setzte sich auf das erste Schiff, das in die damals weitesten Länder, zur Pyrenäenhalbinsel, fuhr.

Der Tradition nach wurde der Hl. Jakobus der Ältere überhaupt als erster der Apostel erst nach seiner Rückkehr in das Heilige Land hingerichtet. Er begab sich zu den rein heidnischen keltischen und iberischen Stämmen im Norden Hispaniens und verbrachte hier angeblich (das Neue Testament erwähnt aber keine ähnliche Reise) mehrere Jahre, jedoch ohne großen Erfolg. Er musste seine Mission verlassen, um sich zum Apostelkonzil in Jerusalem einzufinden.


Bei der Predigt in Jerusalem wurde er von den Pharisäern überfallen; sie warfen ihm den Strick um den Hals und führten ihn dem König Herodes Agrippa I., Enkel des Herodes des Großen, vor. Auf seinem Weg zur Hinrichtung heilte Jakob einen Kranken. Ergriffen und tief beeindruckt, bat einer der Pharisäer, Josias mit Namen, Jakobus um die Vergebung. Beide wurden mit einem Schwert enthauptet. Nach Clemens von Alexandrien geschah dies vor Ostern im Jahre 42.


Die Geschichte des Hl. Jakob in Compostela ist also ganz ersichtlich ein buntes Gemisch von Tatsachen und Legenden, die schwer zu trennen sind. Wie wir allerdings heute wissen, bezweckten die Legenden ein Beispiel und eine Anleitung zum christlichen Leben zu geben und erst an weiterer Stelle über tatsächliche Ereignisse zu informieren. Deshalb können wir nur als eine annähernde Information nehmen, dass die Gebeine von Jakobus um das Jahr 550 von Jerusalem ins Kloster Raithu in Palästina gebracht wurden und von hier aus mit Mönchen in spanischem Zaragoza gelangen und nach der Invasion der Mauren nach Galicien gefahren wurden.

Eine der anderen zahlreichen Legenden schildert jedoch, dass der Leichnam des Jakobus kurz nach der Hinrichtung in einem Schiff heimlich nach Spanien gebracht wurde. Das Schiff landete in Galicien, wo seine Anhänger den Leichnam des Märtyrers begruben. Nach einer anderen Legende brachten die Engel die Leiche des Apostels nach seinem Tod hierher. Einer anderen Version nach wanderte sein toter Körper auf einem Schiff ohne Besatzung quer durch das ganze Mittelmeer, bis das Schiff in einer engen Bucht an der westlichen Küste Hispaniens strandete, dort, wo sich heute der Hafen El Padrón befindet, die damalige römische Provinzhauptstadt Iria Flavia an der Küste des Atlantischen Ozeans. Hier wurden seine Gebeine untergebracht. Über den apostolischen Ort, locus apostolicus, existieren die ersten schriftlichen Berichte und Erwähnungen bereits im vierten und fünften Jahrhundert.


Nach dem Namen des Heiligen und gleichzeitig nach der antiken Begräbnisstätte an einem wundersamen Ort, Sternenfeld (Campus Stellae), wurde der Ort – die zukünftige Hauptstadt Galiciens – benannt: Santiago (Sant´ Iago – der Heilige Jakob) de Compostela, also der Ort „des Heiligen Jakobus im Sternenfeld.“ Über den Fundort des Grabes des Heiligen gibt es viele Zweifel, ungeachtet dessen wurde auf Anweisung des Königs Alfons III. an diesem Ort am 6. Mai 899 eine neue Kathedrale geweiht, jedoch erst Anfang des 12. Jahrhunderts machte sich der Bischof Diego Gelmírez darum verdient, dass die Wallfahrt nach Santiago ein ähnliches Niveau erreicht hat, wie die Pilgerreisen nach Rom oder Jerusalem. Es geschah genau im Jahre 1095, als der Papst Urban II. den Status des Apostolischen Stuhls der Stadt erteilte und somit Santiago in die gleiche Kategorie wie Rom erhob.


Im Jahre 1122 führte der Papst Kalixt (Calixtus, Papst in den Jahren 1119–1124) eine Predigt ein, die ausdrücklich zu den Pilgerfahrten nach Santiago auffordert. Gleichzeitig wurde ein Jubeljahr, das so genannte Heilige Compostelanische Jahr ausgerufen, das immer dann gefeiert wird, wenn der Tag des hl. Jakobus, der 25. Juli, auf einen Sonntag fällt.


Die feierliche Öffnung und Schließung der Kathedrale wird jeden Tag im Heiligen Jahr von Tönen von traditionellen Oboen und Schalmeien begleitet. Santiago kannten auch Pilgern in fernen Ländern außerhalb des Kontinents, z. B. in England, wie uns Chaucers Canterbury-Erzählungen durch ihre Heldin Alisa aus Bath informieren: … „auch in Spanien war Jakob bereits bekannt“. Kurz gesagt, die wachsende Vorliebe prägte der Pilgerschaft nach Compostela den Charakter einer Massenbewegung ein, die von den führenden Personen des mittelalterlichen Europas gefördert und gesteuert wurde.

 


Zitierungen:Auswahl aus dem Werk Prof. Štěpánek

Publikace: Čechy a Španělsko ve středověku (Bohemia and Spain in the Middle Ages. History and art)
Kapitola 6. z knihy Dějiny a umění. Str. 193-241
Olomouc: Univerzita Palackého 2008, vyšlo 2009
ISBN 978-80-244-2084-4